Die ersten Schritte durch die Sumerer
Seife entsteht aus waschaktiven Substanzen, aus denen Tenside durch chemische Reaktionen gewonnen werden. Sie reagieren fett- und schmutzlösend und weisen eine alkalische Oberfläche auf, die Bakterien abtötet. Die erste Seifenherstellung der Geschichte ist von den Sumerern, einer Hochkultur aus Mesopotanien, bekannt. Historiker fanden eine Tontafel der Sumerer mit einem Rezept von Seife, das die Historiker ungefähr in das Jahr 4500 v. Chr. verorteten. In der Rezeptur wird die Verarbeitung von Seife durch eine Mischung aus Pottasche, das die Sumerer aus der Verbrennung von Dattelpalmen gewannen, und Kaliumcarbonat beschrieben. Daraus entstand eine chemische Reaktion, die noch heute die Grundbedingung für seifenähnliche Gemische darstellt.
Die Wäschereien der alten Ägypter
Die alten Ägypter übernahmen von den Sumerern das Verfahren zur Seifenherstellung, entwickelten ihre Ideen aber weiter. Sie fanden heraus, dass sich auch Soda gut mit Natriumchlorid mischen ließ, um eine schmutz- und fettlösende Reaktion zu erzeugen. Soda als Grundstoff für Schmierseife fanden sie in ausgetrockneten Salzseen und in Erdkrusten. Alternativ verwendeten sie Meerespflanzen, die ebenfalls Natriumchlorid liefern. Die alten Ägypter nutzten generell eine lebendige überaus bildhafte Sprache. Darunter finden sich viele Bilder von keulenschwingenden Sklaven, die mit den Waschkeulen in den Wäschereien im alten Ägypten die Wäsche der Bürger wuschen.
Die Römer als Vorbild
Das Imperium Romanum war durch seine architektonischen und technischen Meisterleistungen geschätzt, durch die es sich einen hohen Lebensstandard für seine Bürger sichern konnten. Während im 20. Jahrhundert der „american way of life“ stilführend gewesen ist, war es in der Antike die römische Lebensweise, die auch auf die umliegenden „Barbarenvölker“ eine hohe Anziehungskraft ausübte. Mit den Aquädukten gelang den Römern eine raffinierte Wasserversorgung in den Städten. Wie erst lange nach der Industrialisierung in Europa erreicht, gab es im Imperium Romanum Wasser im Überfluss, das sich reiche Römer durch Wasserleitungen ins Haus liefern konnten. Auch wer über dieses Privileg nicht verfügte, durfte die öffentlichen Brunnen für die Wasserversorgung nutzen und kam in den Genuss der öffentlichen Badeanstalten, die zur Lebenskultur im Imperium Romanum gehörten und von den Bürgern vielfältig zelebriert wurden. Um den Waschvorgang zu unterstützten, nutzten die Römer ab dem 2. Jahrhundert verschiedene Seifen wie zum Beispiel eine gekochte Mischung aus Ziegenfett und Asche, Aschenlauge und Öl, Holzasche und Ammoniak und auch Seifenkraut. Besonders in den späteren Jahren der Republik gehörten Zahnbürste, Spiegel, Pinzette und Bimsstein zur Grundausstattung eines jeden Römers, der etwas von sich hielt.
Das finstere Mittelalter
Das vielfach als finster apostrophierte Mittelalter bedeutete in der Tat einen zivilisatorischen Rückschritt auch im Bereich der Hygiene, der von seinen Ausmaßen einen tiefen Fall einnahm. Als im Zuge der Völkerwanderungen die Wasserversorgung im einstigen „Haupt der Welt“ zusammenbrach und die Bevölkerung binnen weniger Jahre von einer Millionen Bewohnern auf wenige Tausende zusammenschrumpfte, breiteten sich in der Stadt todbringende Seuchen aus. Auch als sich in einem zähflüssigen Verlauf über die Jahrhunderte allmählich eine neue Ordnung entwickelte, war diese kaum in der Lage, die hygienischen Verhältnisse der Bevölkerung zu verbessern. Wenn einmal nicht die Juden als Sündenböcke dienten, kamen Seife und sogar das Waschen mit Wasser in den Verruf, Auslöser von Pest, Cholera und anderen Seuchen zu sein, obwohl natürlich das Gegenteil der Fall war. Denn durch die Verbannung von Wasser aus dem Leben der Menschen hatten die Krankheitserreger ein umso leichteres Spiel. Andere Hemmnisse in der Entwicklung entstanden durch den Irrglauben, Seuchen seien eine Strafe Gottes, und es sei ein Akt der Gotteslästerung, gegen Gottes Vorbestimmung etwas zu unternehmen. Was die Hygiene und die wissenschaftlichen Erkenntnisse bezüglich des Waschens anging, waren die Araber den Europäern haushoch überlegen. Sie hatten in ihren Badehäusern eine ähnlich hochstehende Badekultur entwickelt wie im Imperium Romanum.
Hygiene in Neuzeit und Industriezeitalter bis heute
Besser mit der Hygiene wurde es erst nach dem Mittelalter, als Forschung und Lehre begannen, sich zunehmend von dem Diktat der Kirche zu emanzipieren. Ludwig XIV. setzte im Zeitalter des Absolutismus auch in der Hygiene Maßstäbe, indem er Manufakturen zur Seifenherstellung im Zuge des Wirtschaftssystems des Merkantilismus in ganz Frankreich gründete. Es waren Franzosen, die zudem die erste historisch belegte Duftseife herstellten, womit eine Seife gemeint ist, die mit Duftstoffen versetzt war. Einen weiteren Schub erfuhren die hygienischen Bedingungen im Industriezeitalter. Zum einen wurde der Zusammenhang von Schmutz und Krankheiten in der Medizin offengelegt. Zum anderen waren bessere Fertigungsverfahren für die Seifenherstellung wie das 1865 vom belgischen Wissenschaftler Ernest Solvay entwickelte Solvay-Verfahren, mit dem sich Natursoda kostengünstig abbauen ließ, für die Ausbreitung von Seife förderlich. Bessere Hygienevorstellungen und eine zunehmende Verlegung von Wasserleitungen auch in die ärmeren Haushalte setzten sich nun in allen Ländern Europas durch, sodass die tägliche Dusche oder das tägliche Bad für die meisten Menschen selbstverständlich wurde.